Allgemeine zahnärztliche Chirurgie: Fall 5

Ein 59 Jahre alter Patient kommt als Neuaufnahme 2005 zum ersten Mal in meine Praxis. Ich mache routinemässige Röntgenaufnahmen aller marktoten, devitalen (abgestorbenen) Zähne.

Im Röntgenbild von Abb. 1 entdecke ich eine ca. kirschgrosse Kieferzyste im Oberkiefer (grün umrandet in Abb. 1). Eine Zyste ist grundsätzlich ein pathologischer Hohlraum, gefüllt mit einer Flüssigkeit. Die Zyste wächst und wird kontinuierlich grösser wegen Innendruckzunahme. Kieferzysten sind gutartig.

Abb. 1
Abb. 1 - kirschgrosse Kieferzyste an der Wurzelspitze eines oberen Eckzahnes. Ursache: insuffiziente Wurzelfüllung.

Abb. 2
Abb. 2 - Röntgenbild drei Monate nach der Behandlung der Zyste.

Die Ursache dieser Zyste wie in Abb. 1 liegt in einer insuffizienten Zahnwurzelbehandlung (siehe Endodontie). Die Zyste muss operativ entfernt werden.

In diesem Fall habe ich den Zahn konservativ sowie chirurgisch endodontisch (siehe Endodontie) behandelt, den Zystenbalg operativ entfernt und den Hohlraum gleichzeitig mit Knochenersatzmaterial gefüllt. In Abb. 2 sieht man ein Röntgenbild knapp drei Monate nach der Behandlung der Zyste und der Zahnwurzel.

Bemerkung zu Kieferzysten

Sind Kieferzysten zu gross, wird der Zystenbalg nicht mehr, wie im obigen Fall, entfernt, weil dadurch viele Nachbarstrukturen geschädigt würden, sondern man eröffnet die grossen Kieferzysten im Oberkiefer zur Kieferhöhle (Sinus Maxillaris) und/oder Nasenhöhle hin und im Unterkiefer zur Mundhöhle hin.

Kieferzysten wachsen unbehandelt konstant und unter Innendruckzunahme weiter. Kleinere Zysten werden mit dem Zystenbalg komplett entfernt und ihre Ursache behoben (z.B. Endodontie). Grosse Kieferzysten hingegen werden in ihrem grössten Umfang im Unterkiefer zur Mundhöhle und im Oberkiefer zur Nasen- und/oder Kieferhöhle hin eröffnet.

Die grösste in meiner chirurgischen Tätigkeit operierte Zyste reichte vom Unterkieferweisheitszahn der linken Seite bis zum Eckzahn der Gegenseite. Das war während meiner Assistentenzeit an der chirurgischen Poliklinik der Universität Zürich (s. mein Portrait).

Man kann sich leicht vorstellen, dass bei einer Infektion eines so gewaltigen, mit Flüssigkeit gefüllten Hohlraumes, sei es über die Blutbahnen oder via Eintrittspforte eines Zahnes (marktoter Zahn oder parodontale Tasche), dramatische Zustände entstehen. Der ganze Hohlraum wird zum Abszess.

Nach der Operation zur Entfernung der Zyste wächst der durch die Zyste verloren gegangene Knochen wieder nach, was aber, je nach Grösse der Zyste, eine Heilungszeit von einem halben Jahr bis zu einem Jahr bis zur vollen Regeneration braucht. In den ersten Monaten nach der Operation sind natürlich wegen Bruchgefahr des geschwächten Kiefers sämtliche Risiko-Sportarten, wo Schläge ins Gesicht erfolgen können (Boxen, Karate, Fussball, Skifahren, etc.) absolut verboten. Auch das herzhafte Reinbeissen in einen knackigen Apfel oder in ein Bürlibrot ist tunlichst zu unterlassen.

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